Jahrzehntelang waren Frauen im Schweizer Radsport weitgehend unsichtbar, da gesellschaftliche Stereotypen und Vorurteile ihre Beteiligung verhinderten. Einzelne Pionierinnen haben bereits früh dafür gekämpft, wenigstens im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten Radsport zu betreiben und haben damit einen Wandel in kleinen Schritten angestossen.
Wie in vielen anderen Bereichen mussten sich Frauen auch im Schweizer Radsport ihren Platz erkämpfen. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein galt es als unästhetisch und geradezu unsittlich, wenn Frauen sich sportlich betätigten – erst recht im Wettkampf. Radsport wurde für Frauen lange als grundsätzlich zu brutal eingestuft. Nichtsdestotrotz gaben sich längst nicht alle Frauen damit zufrieden, dass Sport für sie ausschliesslich spielerisch zu sein hatte. Die zwei folgenden Beispiele illustrieren, wie Frauen mit einer grossen Portion Mut, viel Eigensinn und Kreativität im Kleinen Veränderungen angestossen haben und Schritt für Schritt zu einem Wandel beigetragen haben.
Wohl eine der ersten Schweizer Pionierinnen war die Zürcherin Marie Maag, über deren Leben wenig bekannt ist, abgesehen von ihrem Beitritt 1892 in den Velozipedisten Verband (heute Swiss Cycling). Da Sportvereine zu dieser Zeit eigentlich Männern vorbehalten waren, ist davon auszugehen, dass sie kaum Mitspracherecht hatte. Von wettkampforientiertem Sport oder der Teilnahme an Radrennen konnte sie wohl nur träumen. Denn auch über 70 Jahre später galt es als Kuriosität, wenn Frauen Radrennen bestreiten wollten, wie das Beispiel der damals jungen Neuenburgerin Cosette Québatte zeigte. Weil es in der Schweiz weder Rennen noch Trainingsmöglichkeiten für Frauen gab, trainierte sie mit Unterstützung eines französischen Trainers und beantragte eine internationale Rennlizenz. Québatte war Mitglied eines Frauenteams in Frankreich und nahm mehrheitlich an Kriterium-Rennen teil, da andere Formate für Frauen als zu hart galten. 1966 und 1967 nahm sie an den Weltmeisterschaften im Frauenstrassenrennen teil, die es damals erst seit wenigen Jahren gab. Vom Verband (in der Romande damals Union Cycliste Suisse, heute Swiss Cycling) erhielt sie dafür aufgrund ihrer Resultate zwar die Erlaubnis, aber keine Unterstützung. Um wenigsten in den Landesfarben an den Start gehen zu können, nähte ihre Mutter ihr selbst ein rotes Leibchen mit Schweizerkreuzen. Es überrascht daher wenig, dass ihre WM-Teilnahmen in den entsprechenden Jahresberichten des SRB keine Erwähnung finden. In einem Interview mit dem Westschweizer Fernsehen wünschte sich Cosette Québatte denn auch mehr Konkurrentinnen aus der Schweiz, sprich radsportbegeisterte, neugierige junge Frauen wie sie selbst.
Dem Durchhaltewillen und Ehrgeiz von einzelnen Frauen wie Marie Maag, Cosette Québatte und vielen weiteren ist es also zu verdanken, dass sich die gesellschaftliche Wahrnehmung von weiblichem Radsport deutlich verändert hat. Gerade in den letzten Jahren ist die Popularität von Frauenradrennen und einzelnen Fahrerinnen markant gestiegen. Dennoch sind Frauen im Radsport auch heute noch unterrepräsentiert. Die gezielten Fördermassnahmen, die Swiss Cycling mit #fastandfemaleSUI im Breitensport, in der Nachwuchsförderung und damit im zukünftigen Leistungssport umsetzt, haben daher auch heute, am internationalen Frauentag 2025, ihre Berechtigung.